Erneuter Erfolg der Nimrod Rechtsanwälte vor dem AG Bielefeld
Wieder einmal zeigt sich, dass es sinnvoll ist, sich außergerichtlich zu vergleichen. Ein Filesharer wurde zur Erstattung von Anwaltskosten und 1.000,00€ Schadensersatz verurteilt. Das AG Bielefeld schrieb etwa zu den Ermittlungen:
Es bestehen seitens des Gerichts auch keine Zweifel, dass die Auskünfte so erteilt wurden. Dies wurde seitens des Beklagten auch nicht nachvollziehbar bestritten.
Soweit der Beklagte aufführt, dass die Schriftstücke „jeder“ hätte erstellen können, so sehen die eingereichten Schriftstücke gerichtsbekannt genauso aus, wie in allen anderen Verfahren, die Urheberrechtsverstöße mittels Filesharing betreffen.
Das hier in irgendeiner Weise ein Manipulation vorliegt, ist nicht erkennbar.
Soweit der Beklagte rügt, dass die eingereichten Providerauskünfte außerhalb jeglichen Kontext stehen, so ist dem nicht zuzustimmen.
Das die mit der Einspruchsschrift eingereichte Auskunft von der Telekom stammt folgt bereits aus dem Anschreiben (BI. 122 d.A.). Die Auskunft weist eindeutig darauf hin, dass die streitgegenständlichen IP-Adressen zu den streitgegenständlichen Zeitpunkten einem Anschluss beim Provider 1&1 zugewiesen waren. Die mit Schriftsatz vom 07.10.2022 eingereichte Auskunft zeigt, dass offensichtlich eine
Auskunft des Providers 1&1 erfolgt ist. Der Beklagte hat die Ermittlungsvorgänge auch nicht bestritten und auch nicht vorgetragen, dass er gerade keinen Anschluss beim Provider 1&1 vorgehalten hat.
Soweit der Beklagte vorträgt, die IP-Adressen seien nicht seinem Anschluss zugeordnet gewesen, so wird bereits nicht ersichtlich, woher er dieses Wissen nimmt. Gerichtsbekannt wechseln bei einer dynamischen IP-Adresse die IP-Adressen ständig, sodass die aktuell vergebene IP-Adresse nicht die IP-Adresse zu
einem vorherigen Zeitpunkt darstellen muss.
Für die Richtigkeit spricht auch die mehrmalige Zuordnung des Anschlusses des Beklagten zu den streitgegenständlichen Rechtsverletzungen.
Selbst wenn möglicherweise nicht ausgeschlossen werden könnte, dass es bei den Ermittlungen des Anschlussinhabers zu Fehlern kommen kann, ist es jedenfalls sehr unwahrscheinlich, dass falsche Angaben bei Übermittlung und Zuordnung der IP- Adresse in mehreren vergleichbaren Fällen (Verbreitung von Computerspielen) zu Ermittlung des Anschlusses derselben Person führen (vgl. LG Bielefeld Urteil vom
1.8.2017 Az: 20 S 55/16).
Weiter heißt es zur sekundären Darlegungslast:
Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behaupteten Urheberrechtsverletzungen als Täter verantwortlich ist. Allerdings spricht eine
tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss nutzen konnten. Diese tatsächliche Vermutung der Täterschaft des Anschlussinhabers kommt auch dann in Betracht, wenn der Internetanschluss – wie bei einem Familienanschluss – regelmäßig von mehreren Personen genutzt wird
(BGH, Urteil vom 27.07.2017 -I ZR 68/16 „Ego-Shooter’).
Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des lnternetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch
zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbstständigen
Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des
Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Der Inhaber eines lnternetanschlusses hat vielmehr nachvollziehbar vorzutragen, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche
Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGH, Urteil vom 27.07.2017 -I ZR 68/16 „Ego-Shooter““).
Schließlich heißt es:
Soweit der Beklagte auf die Zugriffsberechtigung seiner Ehefrau und seine Kinder verweist, so ist bereits nicht nachvollziehbar inwieweit diese Täter der streitgegenständlichen Rechtsverletzung sein können. Eine solche Möglichkeit wird vom Beklagten selbst nicht vorgetragen. Vielmehr geht der Beklagte selbst nicht von einer Täterschaft seiner Familienmitglieder aus.
Auch der Venıveis auf den damaligen Mieter des Beklagten erfüllt die sekundäre Darlegungslast nicht.
Es ist auch hier ein Nutzungsverhalten des Mieters bereits nicht dargelegt. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Darstellung eines solchen Nutzungsverhaltens bei Personen, die nicht dem eigenen Haushalt angehören grundsätzlich schwieriger gestaltet, es ist aber bereits nicht ersichtlich, dass der
Beklagte überhaupt Nachforschungen hinsichtlich der Täterschaft des Mieters angestellt hat. Nach Erhalt des Abmahnschreibens hätte es dem Beklagten oblegen, den Mieter, welcher nach Vortrag des Beklagten bekanntermaßen Zugang zum Internetanschluss hatte, mit dem Vorwurf zu konfrontieren und diesen zur Täterschaft zu befragen.
Das Urteil ist hier abrufbar. Es gesellt sich in die bisherige Rechtssprechung anderer Gerichte, nämlich: AG Kassel, AG Bochum, AG Leipzig, AG Hannover, AG München, LG Köln und auch AG Mannheim.
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