Bundesgerichtshof entscheidet mit Urteil vom 12.05.2016 zum Aktenzeichen I ZR 43/15 zur Höhe des Unterlassungsstreitwerts im Fall von Computerspielen.

Der Bundesgerichtshof hat sich zur Frage des Unterlassungsstreitwerts klar und deutlich positioniert.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass bei einem durchschnittlich erfolgreichem Computerspiel der Gegenstandswert des Unterlassungsanspruches regelmäßig mit 15.000,00 € zu beziffern ist. Liegen hingegen besondere Umstände vor (z.B. eine in erheblichen Verkaufszahlen zum Ausdruck kommende besondere Popularität), kann auch ein höherer Gegenstandswert anzunehmen sein.

Gleichzeitig bestätigte der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung, dass die „Deckelung“ des Gegenstandswerts nach § 97a Abs. 3 UrhG nicht auf Fälle vor Inkrafttreten der Neuregelegung greift.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2016 zum Az.: I ZR 43/15
Dem Urteil des Bundesgerichtshofs lag folgender Sachverhalt zu Grunde. Nach entsprechender Ermittlung teilte der entsprechende Provider mit, dass die IP-Adresse von der eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat, dem Internetanschluss des Beklagten zuzuordnen ist. Der Beklagte trug dann im Rahmen der sekundären Darlegungslast vor. Das Landgericht gab der Klage des Rechteinhabers teilweise statt, setzte den Gegenstandswert für die Erstattung der Anwaltskosten auf 2.000,00 €, und wies die Klage im Übrigen ab. Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof bestätigte seine „Tannöd-Rechtsprechung“, wonach der Gegenstandswert für den Unterlassungsanspruch nicht pauschal bestimmt werden kann. Er hat sich vielmehr an dem Einzelfall zu orientieren. Der Bundesgerichtshof führte aus:

„Die vom Verletzer auf der Grundlage der Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG) für eine bereits erfolgte Nutzung als Schadensersatz zu entrichtende fiktive Lizenzgebühr dient dem Ausgleich der Einbußen, die der Rechtsinhaber durch den widerrechtlichen Eingriff in die ihm zustehenden Verwertungsrechte erlitten hat. Bei der Bewertung des Interesses des Rechtsinhabers an der Abwehr künftiger Verletzungshandlungen muss hingegen nicht nur dem Interesse an der Verhinderung fortgesetzter unlizenzierter Nutzungen Rechnung getragen werden, sondern es ist auch das einer fortgesetzten Rechtsverletzung innewohnende Gefährdungspotential für das Schutzrecht und seine wirtschaftliche Auswertung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 – I ZR 19/14, GRUR 2016, 176 Rn. 80 = WRP 2016, 57 – Tauschbörse I; BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 73 – Tauschbörse II). Die Bereitstellung eines Werkes über eine Tauschbörse im Internet eröffnet einer unbegrenzten Vielzahl von Tauschbörsenteilnehmern die Möglichkeit, das Werk kostenlos herunterzuladen und anschließend anderen Nutzern zum Herunterladen zur Verfügung zu stellen. Ein solcher Eingriff in die urheberrechtlich geschützten Verwertungsrechte stellt die kommerzielle Auswertung des Werkes insgesamt in Frage (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 19. April 2012 – I ZB 80/11, BGHZ 195, 257 Rn. 23 – Alles kann besser werden). Demgegenüber tritt das Interesse des Rechtsinhabers an der Verhinderung einer fortgesetzten unlizenzierten Nutzung in den Hintergrund.“

„Anhaltspunkte für die Bewertung des Unterlassungsanspruchs lassen sich der Qualität und Intensität der bereits erfolgten Verletzungshandlung entnehmen (BGH, GRUR 2014, 206 Rn. 16 – Einkaufskühltasche). Als für die Bemessung des Gegenstandswerts heranzuziehende Kriterien kommen danach beispielsweise Dauer und Häufigkeit der dem Unterlassungsschuldner zuzurechnenden Downloadangebote sowie die Anzahl der zum Herunterladen bereitgehaltenen Werke in Betracht. Darüber hinaus können – soweit feststellbar auch subjektive Umstände auf Seiten des Verletzers in den Blick zu nehmen sein.“

Bezüglich des Gegenstandswerts fand der Bundesgerichtshof klare Worte. Bei einem durchschnittlichen Computerspiel ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter 15.000,00 € angemessen. Der Bundesgerichtshof führte aus:

„Bei der Bestimmung des angemessenen Gegenstandswerts des Unterlassungsanspruchs ist einerseits dem Wert des verletzten Schutzrechts angemessen Rechnung zu tragen, wobei das Angebot zum Herunterladen eines Spielfilms, eines Computerprogramms oder eines vollständigen Musikalbums regelmäßig einen höheren Gegenstandswert rechtfertigen wird, als er etwa für das Angebot nur eines Musiktitels anzusetzen ist (vgl. BGH, GRUR 2016, 184 Rn. 73 – Tauschbörse II). Weiter ist die Aktualität und Popularität des Werkes und der Umfang der vom Rechtsinhaber bereits vorgenommenen Auswertung zu berücksichtigen. Wird ein durchschnittlich erfolgreiches Computerspiel nicht allzu lange nach seinem Erscheinungstermin öffentlich zugänglich gemacht, so ist regelmäßig ein Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs von nicht unter 15.000 € angemessen. Liegen besondere Umstände vor (z.B. eine in erheblichen Verkaufszahlen zum Ausdruck kommende besondere Popularität), kann auch ein höherer Gegenstandswert anzunehmen sein. Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob vorliegend angesichts der vom Kläger geltend gemachten Umstände ein Gegenstandswert der Abmahnung von 30.000 € angemessen erscheint.“

BGH, Urteil vom 12.05.2016 im Volltext, I ZR 43/15