KG Berlin: Beschluss v. 27.08.2015, Az.: 23 U 42/14 – LG Berlin, Urteil v. 21.01.2014, Az.: 15 O 56/13

Valve darf im Rahmen seiner AGB die Übertragbarkeit von Steam-Accounts ausschließen.

Der Spieleentwickler VALVE darf die Übertragung der Steam-Accounts von Nutzern vertraglich ausschließen. Steam ist eine von VALVE entwickelte Plattform, bei der sich die Nutzer anmelden können um unter anderem Spiele zu kaufen aber auch online miteinander zu spielen.

Streitgegenstand war die folgende Klausel in den AGB zur Einrichtung eines Accounts:

“Es ist Ihnen untersagt, das Recht zur Nutzung Ihres Benutzerkontos an Dritte zu veräußern oder Dritten entgeltlich zur Ausübung zu überlassen oder Ihr Benutzerkonto In sonstiger Weise auf einen Dritten zu übertragen. Ebenso wenig ist es Ihnen gestattet, Ihr Nutzungsrecht an Dritte zu veräußern oder Dritten entgeltlich zur Ausübung zu überlassen oder gegebenenfalls Abonnements an Dritte zu veräußern oder Dritten entgeltlich zur Ausübung zu überlassen, wenn und soweit dies Ihnen nicht ausdrücklich durch die Bestimmungen der vorliegenden Vereinbarung (einschließlich etwaiger Abonnementbedingungen oder Nutzungsrichtlinien) gestattet Ist.”

Nach Auffassung des Klägers verstößt diese Klausel gegen den Grundsatz der urheberechtlichen Erschöpfung. Dieser Grundsatz besagt, dass ein urheberrechtlich geschütztes Werk vom Ersterwerber weiterveräußert werden darf, sofern dieser es rechtmäßig und mit Willen des Rechteinhabers von diesem Erworben hat.

Das Landgericht Berlin hat in erster Instanz der Beklagten Recht gegeben und die Klausel für zulässig erachtet. Die Kammer berief sich in Ihren Entscheidungsgründen unter anderem auf ein Urteil des BGH vom 11.02.2010, Az.: I ZR 178/08 (Half-Life 2 – Entscheidung).

Das LG führt dazu wie folgt aus:

Die Klausel über das Verbot der Übertragung des Benutzerkontos verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. §§ 17 Abs. 2, 69c Nr. 3 Satz 2 UrhG.
aaa) Gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders von AGB im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht vereinbar ist.
Zu diesen Regelungen gehört zwar nach Auffassung der Kammer auch der Urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz. Denn dieser ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass das Urheberrecht ebenso wie andere Schutzrechte gegenüber dem Interesse an der Verkehrsfähigkeit der mit Zustimmung der Berechtigten in Verkehr gebrachten Waren zurücktreten muss; dieser Grundsatz ist als zwingendes Recht auch bei der inhaltlichen Gestaltung von Nutzungseinräumungen zu beachten (LG Stuttgart, 14.4.2011, 17 O 513/10, Juris Rn. 44 m.w.N.; offen gelassen von BGH, Urteil vom 11.2.2010,1 ZR 178/08, Half-Life 2, Juris Rn. 16).
Im Ergebnis kann dies aber dahin stehen. Denn ein Verstoß gegen den Erschöpfungsgrundsatz liegt nicht vor. Der BGH hat dazu in der Entscheidung vom 11. Februar 2010 (I ZR 178/08), die eine nahezu identische Klausel betraf, die im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Computerspiels auf einem Datenträger verwendet wurde, ausführlich begründet, dass der Erschöpfungsgrundsatz dem Verbot der Übertragung des Benutzerkontos nicht entgegensteht.

Der BGH führt dazu aus:

„Soweit die von der Beklagten in Verkehr gebrachte DVD-Rom ein urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm verkörpert, stehen der Weiterveräußerung dieses Programms urheberrechtliche Befugnisse der Beklagten nicht entgegen; die Beklagte macht solche auch nicht geltend. Die Weiterveräußerung der in Verkehr gebrachten DVD-Rom durch den Ersterwerber ist rechtlich und tatsächlich möglich. Jeder weitere Erwerber kann das auf der DVD-Rom enthaltene Computerprogramm auch in der Weise nutzen, dass er es auf einem PC installieren kann. Auch ein Zweit- oder Drittenwerber der DVD-Rom kann mit Hilfe dieses Computerprogramms ferner an dem Online-Betrieb des Spiels über die Server der Beklagten teilnehmen, wenn mit der mit der DVD-Rom vertriebenen Zugangsnummer noch kein früherer Erwerber ein Konto bei der Beklagten eröffnet hat. Ist dies dagegen bereits der Fall gewesen, scheidet diese Nutzungsmöglichkeit für einen späteren Erwerber der DVD-Rom aus, weil die Beklagte ihn dann zum Online-Betrieb des Spiels nicht zulässt. Urheberrechtlich besteht jedoch kein Anspruch darauf, dass mit dem Erwerb des urheberrechtlich geschützten Computerprogramms auch eine derartige Nutzungsmöglichkeit eingeräumt wird; insbesondere gebietet der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz dies nicht.“

Weiter heißt es in den Entscheidungsgründen des BGH:

“Die beanstandete Klausel ist auch nicht deshalb unangemessen, weil sie wesentliche Pflichten oder Rechte, die sich aus der Natur des mit der Beklagten unter Zugrundelegung dieser Allgemeinen Geschäftsbestimmung geschlossenen Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Ungeachtet seiner rechtlichen Einordnung ist Zweck des in Rede stehenden Vertragsverhältnisses, dem Vertragspartner der Beklagten die Teilnahme an dem von ihr über ihre Server angebotenen Spiel zu ermöglichen. Das in der beanstandeten Klausel enthaltene Verbot, die Rechte aus diesem Vertragsverhältnis auf Dritte zu übertragen, gefährdet diesen Vertragszweck nicht.

Zweck des zwischen dem Anmelder des Benutzerkontos und der Beklagten begründeten Vertragsverhältnisses ist es nicht (…) irgendeiner Person die Teilnahme an dem Spiel zu ermöglichen; vielmehr sollen die Rechte und Pflichten aus dem Vertragsverhältnis allein zwischen den Vertragsparteien begründet werden. Die Übertragung des Benutzerkontos auf einen Dritten stellt dann aber eine Änderung des Vertragsverhältnisses dar, die nur mit Zustimmung der Beklagten erfolgen kann (vgl. § 311 Abs. 1 BGB). Entgegen der Auffassung der Revision unterscheidet sich der Zweck des mit der Beklagten begründeten Vertragsverhältnisses nicht danach, ob der Einrichtung des Benutzerkontos der Erwerb des Computerprogramms auf einer DVD-ROM vorausgegangen ist oder ob dieses online erworben wurde.”

Die gegen diese Entscheidung des Landgerichts Berlin eingelegte Berufung ist vom Kammergericht mit Beschluss vom 27.08.2015 Az.: 23 U 42/14 als unbegründet zurück gewiesen worden.