LG Köln zur urheberrechtlichen Haftung ausländischer Webseite- es stellt fest:
1. Zur vorliegend zu bejahenden Anwendbarkeit deutschen Urheberrechts auf den Fall einer öffentlichen Zugänglichmachung von Lichtbildern auf der Webseite eines italienischen Unternehmens.
2. Zur Berechnung lizenzanalogen Schadensersatzes in einem solchen “Auslandsfall”, insbesondere Vornahme eines Abzugs wegen nur teilweiser Betroffenheit des Territorium der Bundesrepublik
Der Sachverhalt:
Die Beklagte ist ein italienisches Unternehmen, das auf die Verarbeitung von Naturstein und Marmor spezialisiert ist. Sie betreibt die Webseite www.entfernt.com. Auf der Unterseite www.entfernt.com waren die streitgegenständlichen, im ursprünglichen Klageantrag zu 1) wiedergegebenen Lichtbilder abrufbar.
Anfang des Jahres 2021 beauftragte die Beklagte die professionelle Web-Agentur E., die Inhalte der Webseite www.entfernt.com zu erwerben und auf die eigene Internetpräsenz hochzuladen. Auf der Webseite www.entfernt.com waren zuvor bereits die Lichtbilder enthalten, wofür die U. P. SAS verantwortlich war. Dieses Unternehmen war an dem Bau der auf den Lichtbildern zu sehenden Brücke beteiligt.
In der griechischen Architektur-Zeitschrift „A.“, Ausgabe 10/2008 (Anlage K25), sind Abdrucke der streitgegenständlichen Lichtbilder enthalten und es erfolgt eine Benennung wie folgt: „All photos by H. M. + T. V., www.W..de“.6
Am 04.01.2021 schrieb Herr V. von der Klägerin die Beklagte per Einschreiben an und machte auf die Sachlage aufmerksam und bot eine Lizenz zur Verwendung der Fotos an. Die Beklagte reagierte nicht. Die Klägerin schrieb der Beklagten nochmals am 25.01.2021, wobei eine Zahlungsfrist gesetzt worden ist. Mit Schreiben vom 16.02.2022 ließ die Beklagte, anwaltlich vertreten, die Ansprüche der Klägerin auf Italienisch als unbegründet zurückweisen. Herr V. von der Klägerin schrieb dem Anwalt der Beklagten am 13.03.2022 eine E-Mail mit Bildschirmfotos mit den Metadaten der strittigen beiden Lichtbilder zum Nachweis der Urheberschaft.
Daraufhin entfernte die Beklagte am 25.01.2022 die Lichtbilder von ihrer Webseite, reagierte sonst nicht.
Sodann wurde der klägerische Prozessbevollmächtigte mandatiert, die Beklagte abzumahnen. Die Abmahnung mit Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erfolgte auf Englisch am 14.04.2021, per Einschreiben sowie vorab per E-Mail. Am 28.04.2022 erhob der Anwalt der Beklagten wiederum auf Italienisch eine Vielzahl von Einwänden. Es folgte weiterer Schriftwechsel, der nicht zu einer gütlichen Einigung führte.
In der Klageerwiderung vom 06.03.2023 gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab (Bl. 174 GA). Sie bot einen Vergleich zur Zahlung von 1.500,- € an.
Die Klägerin behauptet – was die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet –, dass Herr V. die beiden streitgegenständlichen Lichtbilder angefertigt habe und der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte eingeräumt habe. Sie verweist auf Metadaten in Anlage K13.
Die Webseite der Beklagten, inkl. Online Shop, sei auch in deutscher Sprache abrufbar und richte sich an deutsche Kunden.
Die Klägerin fordert lizenzanalogen Schadensersatz. Zunächst auf Grundlage der MFM-Honorare 2021 (siehe Berechnung Bl. 8 f. GA), später auf Grundlage einer eigenen Lizenzierungspraxis (Anlage K31, Berechnung der Klageforderung auf Bl. 208 GA). Sie fordert außerdem Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert von 20.000,- € und unter Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr, die wegen des Einsatzes von Fremdsprachenkenntnissen angebracht und gerechtfertigt sei.
Die Beklagte meinte, die Webseite richte sich nur an den italienischen Markt. Die Übersetzung der Webseite sei nur durch den Google Übersetzer erfolgt.
Selbst wenn dann nur eine verhältnismäßig geringe Zahl deutscher Kunden die Webseite der Beklagten aufrufen sollte, steht dies der grundsätzlichen Anwendbarkeit deutschen Urheberrechts nicht entgegen, mag sie sich auch bei der Bemessung des Schadensersatzes auswirken.
Die Besonderheit des Falles ist, dass sich das Gericht zuständig erachtete, vor allem aber deutsches Recht anwendete. Es argumentierte, “Im vorliegenden Fall kommt ausschließlich deutsches Urheberrecht zur Anwendung, obwohl die Internetseite der Beklagten, auf der das streitbefangene Foto verwendet wurde, in italienischer Sprache abgefasst ist. Nach dem Schutzlandprinzip ist stets das Urheberrecht des Staates entscheidend, für dessen Gebiet der Anspruchsteller Schutz in Anspruch nimmt (v. Welser, in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Auflage 2022, vor § 120 ff UrhG, Rn. 4). Die Klägerin hat ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Mit ihren Anträgen macht sie, zumindest konkludent, urheberrechtlichen Schutz und Schadenersatzansprüche für die Rechtsverletzung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geltend. Die Verletzungshandlung, welche unterbunden werden und dem entstandenen Schaden zu Grunde liegen soll, wirkte sich nämlich in der Bundesrepublik Deutschland aus. In einem solchen Fall richten sich sowohl die Entstehung als auch Inhaberschaft und Übertragbarkeit des Urheberrechts bzw. entsprechender Nutzungsrechte nach dem deutschen UrhG. Daneben kann für andere Hoheitsgebiete ggf. noch das dort geltende Urheberrecht anwendbar sein, was hier jedoch keiner weiteren Erörterung bedarf.
Die Beklagte hat die Lichtbilder des Klägers ohne Genehmigung in ihrem auch in Deutschland abrufbaren Internetauftritt verwendet und damit das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG verletzt (dazu wird nachfolgend noch ausgeführt). Maßgeblich für den grenzüberschreitenden Sachverhalt ist, dass die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass der Internetauftritt bestimmungsgemäß (auch) im Inland abgerufen werden kann (s. BGH ZUM 2016, 861 Rn. 18 – An Evening with Marlene Dietrich). Auf die Nutzung einer de.-Domain und die Gründe hierfür kommt es nicht an; auch nicht auf die Frage, ob das Geschäftsangebot ausschließlich im Ausland stattfindet und von ausländischen Kunden nachgefragt wird (OLG Düsseldorf, ZUM-RD 2022, 98).
Die streitige Frage, ob die bloße technische Abrufbarkeit einer Webseite in der Bundesrepublik Deutschland ausreicht (dies verneinend: AG Köln GRUR-RS 2021, 9276 Rn. 42 – Parkettboden; Raue, in: Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl. 2022, Vor § 120, Rn. 116 f.; Stollwerck, in BeckOK Urheberrecht, 33 Ed., Stand: 15.01.2022, Europäisches Urheberrecht, Rn. 115.1; Kotthoff, in: Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, Urheberrecht, 4. Aufl. 2018, § 120, Rn. 22; Lauber-Rönsberg, in: BeckOK UrhR, 35. Edition, Stand: 15.07.2022, Int. UrhR Rn. 26) ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
Denn angesichts des Sach- und Streitstandes ist der streitgegenständliche Internetauftritt des Beklagten jedenfalls auch auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet. In der Seite bereits ist ein Übersetzungstool von Google vorgesehen. Es übersetzt die Inhalte auch auf Deutsch übersetzt. Allein dies zeigt eine grundsätzliche Öffnung der Webseite an einen internationalen Kundenkreis. Hinzu kommt, dass über den Webshop nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin auch nach Deutschland bestellt werden kann. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Art des Geschäfts der Beklagten auch für deutsche Staatsbürger interessant sein können. Auch sind im deutschen Bundesgebiet genügend Personen mit italienischen Wurzeln oder mit einem ausgeprägten Interesse für Land und Sprache beheimatet, die die Webseite auch in italienischer Sprache wahrnehmen können und Interesse an den Inhalten haben können. Mit Blick auf den Sitz der Klägerin in Deutschland und dem Umstand, dass sie Lizenzen regelmäßig von hier aus vergibt und Lizenzeinnahmen in Deutschland versteuert, ist demnach in vielfältiger Hinsicht ein Inlandsbezug anzunehmen. Nicht zuletzt können auch über eine Internetsuchmaschine in Deutschland ausländische Webseite aufgefunden werden und somit dort verwendete Lichtbilder im hiesigen Inland bei der Internetnutzung bestimmungsgemäß aufgerufen werden. Auch dies ist angesichts der geografischen, kulturellen und wirtschaftlichen Nähe zwischen Italien und Deutschland weitaus mehr als nur eine „bloße technische Abrufbarkeit der Webseite“. Das Urteil ist hier abrufbar.
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