Abmahnungen aufgrund von Datenschutzverstößen-was ist an den viel behaupteten DSGVO Abmahnungen dran?

Vermehrt wird im Internet kolportiert, Abmahnungen etwa wegen fehlender Datenschutzerklärung, fehlendem opt in bei der Nutzung jedweder Plugins oder auch fehlende Bestellung eines Datenschutzbeauftragten trotz gesetzlicher Pflicht seien rechtswidrig, weil Art. 80 Abs. 2 DSGVO abschließend sei.

Die Norm lautet:

  1. Die betroffene Person hat das Recht, eine Einrichtung, Organisationen oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ordnungsgemäß nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichem Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig ist, zu beauftragen, in ihrem Namen eine Beschwerde einzureichen, in ihrem Namen die in den Artikeln 7778und 79 genannten Rechte wahrzunehmen und das Recht auf Schadensersatz gemäß Artikel 82 in Anspruch zu nehmen, sofern dieses im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist.
  2. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass jede der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gemäß Artikel 77zuständigen Aufsichtsbehörde eine Beschwerde einzulegen und die in den Artikeln 78 und 79 aufgeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.

Dieses Zitat zeigt, dass jedenfalls der Wortlaut die These nicht trägt.

Ebenfalls wird vertreten, dass Abmahnungen auf der Grundlage der DSGVO ebenfalls  rechtswidrig sind, da das Datenschutzrecht keine Marktverhaltensregelung ist. Eine solche ist nach § 3a UWG erforderlich. Die Norm lautet:

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Auf der Grundlage der Definition des BGH:

Eine Norm regelt das Marktverhalten im Interesse der Mitbewerber, Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer, wenn sie einen Wettbewerbsbezug in der Form aufweist, dass sie die wettbewerblichen Belange der als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommenden Personen schützt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 2003 – I ZR 211/01, BGHZ 155, 301, 305 – Telefonischer Auskunftsdienst; Urteil vom 12. Juli 2007 – I ZR 18/04, BGHZ 173, 188 Rn. 35 – Jugendgefährdende Medien bei eBay). Eine Vorschrift, die dem Schutz von Rechten, Rechtsgütern oder sonstigen Interessen von Marktteilnehmern dient, ist eine Marktverhaltensregelung, wenn das geschützte Interesse gerade durch die Marktteilnahme (vgl. BGH, Urteil vom 8. Oktober 2015 – I ZR 225/13, GRUR 2016, 513 Rn. 21 = WRP 2016, 586 – Eizellspende; MünchKomm.UWG/Schaffert, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 60), also durch den Abschluss von Austauschverträgen und den nachfolgenden Verbrauch oder Gebrauch der erworbenen Ware oder in Anspruch genommenen Dienstleistung berührt wird (vgl. GroßKomm.UWG/Metzger, 2. Aufl., § 4 Nr. 11 Rn. 38; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 3a Rn. 1.67). Nicht erforderlich ist eine spezifisch wettbewerbsbezogene Schutzfunktion in dem Sinne, dass die Regelung die Marktteilnehmer speziell vor dem Risiko einer unlauteren Beeinflussung ihres Marktverhaltens schützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 – I ZR 189/07, GRUR 2010, 754 Rn. 20 ff. = WRP 2010, 869 – Golly Telly; Urteil vom 4. November 2010 – I ZR 139/09, GRUR 2011, 633 Rn. 34 = WRP 2011, 858 – BIO TABAK; aA Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 3a Rn. 25; Gärtner/Heil, WRP 2005, 20, 22; Scherer, WRP 2006, 401, 404). Die Vorschrift muss jedoch – zumindest auch – den Schutz der wettbewerblichen Interessen der Marktteilnehmer bezwecken; lediglich reflexartige Auswirkungen zu deren Gunsten genügen daher nicht (BGH, Urteil vom 11. Mai 2000 – I ZR 28/98, BGHZ 144, 255, 267 f. – Abgasemissionen; Urteil vom 29. Juni 2006 – I ZR 171/03, GRUR 2007, 162 Rn. 12 = WRP 2007, 177 – Mengenausgleich in Selbstentsorgergemeinschaft; Urteil vom 2. Dezember 2009 – I ZR 152/07, GRUR 2010, 654 Rn. 18 = WRP 2010, 876 – Zweckbetrieb; BGH, GRUR 2016, 513 Rn. 21 – Eizellspende). Bestimmungen, die produktbezogene Absatzverbote oder Absatzbeschränkungen regeln oder Informationspflichten hinsichtlich des Umgangs mit den von den Kunden erworbenen Produkten begründen, stellen regelmäßig Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG aF dar (BGH, GRUR 2010, 754 Rn. 20 f. – Golly Telly).

Kann die These vertreten werden, dass das Datenschutzrecht generell, sei es nun die DSGVO, das BDSG (neu) oder das BDSG (alt), eine Marktverhaltenregel ist, da die Rechtsnormen die Rechte der von der Datenhebung Betroffenen einem Rechtsrahmen unterzieht. Zum BDSG konnten Nimrod Rechtsanwälte erfolgreich einstweilige Verfügungen auf Grundlage oben dargestellter Rechtslage beantragen.

Festzuhalten ist damit, dass das Datenschutzrecht nach wie vor eine abmahnfähige Rechtsmaterie ist.